The Wild Duck

Erdbeere | Grüner Tee

So langsam nähern sich unsere Ferien dem Ende zu und während wir letzte Woche ein paar Tage „Little Tokyo“ (aka Düsseldorf) und insbesondere der japanischen, aber auch der rheinischen Küche gewidmet hatten, wollen wir uns diese Woche noch einmal „Fine Dining“ gönnen. Denn Hannover hat ja doch immer wieder noch was in petto und so haben wir uns einen Tisch im „The Wild Duck“ reserviert, welches an der Podbi gelegen ist, direkt gegenüber der ehemaligen Grammophon und damit meines ersten Arbeitsplatzes im Jahr 1986. Da roch es hier noch deutlich nach Vinyl, denn die heute wieder so begehrten Scheiben wurden damals exakt gegenüber vom Lokal gepresst. Ein schickes und derart wohlschmeckendes Restaurant war damals nicht wirklich zu erwarten gewesen.

Der Zutritt zum Lokal erfordert einen kleinen „Fight“ mit den beiden Türen des Windfangs unter dem Schmunzeln der Servicekraft, ein heiterer Start und wir werden umgehend zu unserem Tisch begleitet. Das Lokal ist sehr schön eingerichtet, modern aber nicht steril, geschickt segmentiert, so dass es luftig und behaglich wirkt, eine mehr als erstaunliche Wandlung zu den Interieurs der Vorgänger.

Die Servicekraft erläutert uns die Karte, es gibt ausschließlich Menü in 2 (da Donnerstag) bis 5 Gängen, optional mit Weinbegleitung, in jeder Gang-Kategorie gibt es in der Regel auch eine vegetarische respektive vegane Option. Die Preisgestaltung ist ambitioniert, finden wir heraus, ob sie gerechtfertigt ist.

Mit Wasser und Aperitif werden wir ebenfalls umgehend versorgt und auch die Speisenauswahl gestaltet sich einfach und zügig, wir nehmen ein 3-Gang-Menü mit Weinbegleitung. Zum Aperitif lassen wir uns nochmal auf ein naturvergorenes Produkt ein, meiner Liebsten mundet es, ich werte dies als interessant und vorläufig letzten Versuch, das hatte mich auch in der Vince-Bar schon keinesfalls mitgenommen.

Dafür schmeckt das nun gereichte Sauerteig-Zwiebel-Brot mit aufgeschlagener Steinpilzbutter um so besser, eine generöse Portion, die einfach nur Spass macht, insbesondere auch die Verbindung der Butter mit exzellentem Schnittlauch-Öl. Und noch geiler: im weiteren Verlauf wird uns von diesem köstlichen Brot eine weitere Portion angeboten, wäre es doch wahrlich zu schade um die Butter… davon könnte sich so manches Restaurant im wahrsten Sinne des Wortes eine Scheibe abschneiden.

Zur weiteren Einstimmung erreicht uns ein Gruss aus der Küche, Champignon in diversen Aggregatzuständen, das schmeckt ebenfalls köstlich, feine Texturen und reichlich „Umami“.

Nun auf zum ersten Gang

Meine Liebste hat sich für eine Hühnersuppe entschieden, ich für „Spargel“, das ist, wie die Bilder unschwer erkennen lassen, alles auf dem Punkt, besticht durch vielfältige Texturen und Überraschungen wie das herzhafte Spargel-Granité.

Gespannt sind wir auf die Weinbegleitung, denn aus den Rezensionen lässt sich erkennen, dass die Sommeliere einen Stil abseits des Mainstreams pflegt, was wir absolut bestätigen können.

Beides aussergewöhnliche Tropfen, in die man sich ein wenig heranarbeiten muss und sehr gut zum Essen passten. Meine Liebste, die über weit sensiblere Geschmacks- und Geruchs-Sensoren verfügt als ich, befand den Grünen Veltiner allerdings als korkig, ich konnte das nicht rausschmecken und die Sommeliere war der Meinung, das wäre so in Ordnung… ein bisschen Fragezeichen verblieb, schade hier hätte man vielleicht doch mit einer anderen Flasche eine Gegenprobe machen können oder sollen.

Das Restaurant ist gut besetzt und so dauert es ein wenig bis zum 2. Gang, was aber wie gesagt durch das Reichen eines weiteren Brotes perfekt gehandelt wurde.

Unsere Hauptgänge sind ebenfalls wieder leckere Meisterwerke, lediglich der Heilbutt hätte eine Spur weniger Hitze vertragen können, ansonsten ein Fest aus Textur und Geschmack, welches auch in diesem Gang durch tolle Weine unterstützt wurde, in diesem Fall mit sehr eigenwilligen Tropfen aus Sizilien, nach denen wir uns auf jeden Fall mal umschauen werden.

Vor dem letzten Gang werden wir mit einem „Pre“-Dessert verwöhnt, sehr überraschend und sehr lecker:

Und schließlich der dritte Gang, egal ob süss (und das in gleich zweifacher Hinsicht) oder herzhaft, jeweils ein würdiger Abschluss des Menüs, wieder begleitet von exzellentem Wein respektive einer Mischung aus Wein und mazerierten Kirschen, perfekt.

Und zum guten Schluss kommt auch noch der Küchenchef persönlich an den Tisch und nimmt sich die Zeit für einen kleinen Plausch, das ist eine Zugewandheit an die Kundschaft, die wirklich selten geworden ist, toll! Und ein allerletztes Leckerli hat er auch noch mitgebracht.

Fazit: Hannover hat abseits der Sternedekoration wirklich ambitionierte Küche zu bieten, vielleicht sogar bessere als derer mit viel Bling-Bling. Hier waren wir jedenfalls nicht zum letzten Mal, da neben dem Essen auch das Ambiente und vor allem der zugewandte und freundliche Service überzeugt haben. Und wenn die Goodies (Grüsse aus der Küche, Brot, Butter etc.) so beibehalten werden, dann ist auch das Preis-/Leistungsverhältnis absolut top und man begleicht seine Rechnung mit Freude.

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